Mittwoch, 5. März 2014

Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe?

Liebe Wählerinnen und Wähler,

ein neu aufgelegtes Gesetz für mehr Bürgerbeteiligung in Schleswig-Holstein ist lobenswert, um die Demokratie zu stärken.
Bei unserem Bürgerentscheid wurde dieses Gesetz nach unserer Auffassung jedoch missachtet.

Die verwendeten Stellungnahmen des Rates der Stadt Wedel und der Bürgerinitiative weisen ein großes Ungleichgewicht auf. Das Gebot der sogenannten Chancen- und Waffengleichheit ist nicht gegeben. Unsere ursprüngliche Stellungnahme wurde uns untersagt. Stattdessen durften wir, nach Intervention der Justiziarin der Stadt Wedel, nur einen "Zettel" versenden, der sicherlich wenige WählerInnen zu einem positivem Voting veranlasst. Die Stellungnahmen zum Vergleich finden Sie unter:
http://www.wedel.de/rathaus-politik/wahlen/buergerentscheid.html

Dies stellt eine erhebliche Benachteiligung der Bürgerinitiative dar. Wir hätten unsere Stellungnahme nur auf eigene Kosten drucken und versenden können, um eine faire Chance zu erhalten. Knapp 4000 "Ja"-Stimmen bei einer komplizierten Frage, ist schwierig genug. Daher hat der Gesetzgeber insbesondere die Chancengleichheit im Gesetz verankert. Jetzt verbleibt lediglich die Möglichkeit, die Gesetzmäßigkeit dieses Bürgerentscheids im Nachgang auf dem Klageweg zu klären. Selbstverständlich wieder auf eigene Kosten der BürgerInnen.

Ein neues Gesetz (Novellierung Anfang 2013) muss sich erst in der Praxis bewähren. Hier ist jetzt der Gesetzgeber gefragt, damit derartige Probleme nicht mehr zugelassen werden. Bürgerentscheide müssen sowohl vom Zeit- als auch vom Kostenaufwand für die BürgerInnen machbar sein. Wichtig ist dabei eine klare Vorgabe, wie Stellungnahmen zu gestalten sind und die Einrichtung einer "neutralen" Instanz zur Bewertung der Texte beider Parteien. Nicht die Gegenpartei darf dabei die bewertende Instanz sein.

Auch der Zeitpunkt der Abstimmung benachteiligt die Bürgerinitiative. Da derzeit das geplante Vattenfall-Kraftwerk nicht "akut" ist (Verschiebung der Entscheidung zum Bau eines Großkraftwerks in Wedel auf das Jahr 2015) ist automatisch wenig Interesse vorhanden. Selbst viele "fleißige" Unterschriftensammler fragen sich jetzt, warum man zu diesem Zeitpunkt ein Bebauungsplanverfahren und einen Bürgerentscheid durchführen sollte, wenn dies womöglich nur Kosten zu Lasten des Steuerzahlers produziert. Eine Verschiebung oder Absage des Bürgerentscheids wurde aber von Seiten des Kieler Innenministeriums für uns unverständlicherweise abgelehnt.

Wir geben Ihnen daher folgende Empfehlung:
  1. Machen Sie mit! Geben Sie Ihren Stimmzettel per Briefwahl oder im Wahllokal ab.
  2. Aber machen Sie Ihren Stimmzettel ungültig, indem Sie Ja oder Nein durchstreichen. So wird Ihre Stimme zwar ungültig, aber trotzdem als abgegebene Stimme gezählt. So zeigen Sie, dass Ihnen nicht egal ist, was in Wedel passiert.
  3. Wenn Sie mögen, schreiben Sie eine kurze Notiz auf den Abstimmungszettel. Bürgerbeteiligung muss auf Augenhöhe erfolgen! Die Grundrechte der Demokratie müssen gewahrt sein.

So können wir zumindest ein Zeichen setzen und uns damit für einen leichteren Weg für künftige Bürgerentscheide in Wedel und Schleswig-Holstein einsetzen. Bürgerentscheide werden künftig eine wichtige Rolle im politischen Leben spielen.

Kerstin Lueckow, Rolf Schmersahl