Sonntag, 16. März 2014

Kommentar zum Bürgerentscheid

Liebe WählerInnen und Wähler, liebe Interessierte,

zuerst möchten wir uns ganz herzlich bei allen bedanken, die (trotz des miesen Wetters) heute an der Abstimmung zur Frage "Sind Sie dafür, dass die Stadt Wedel ein Bebauungsplanverfahren für das gesamte Kraftwerksgelände Vattenfall durchführt?" teilgenommen haben. Schon im Vorfeld haben mehr als 1000 Wedeler BürgerInnen die Möglichkeit der Briefwahl genutzt. Insgesamt haben 2790 Personen abgestimmt.

Das Ergebnis der Wahl können Sie hier einsehen:
http://dv.wedel.de/pcwahl/app/be2014.html

Dies war der erste Bürgerentscheid in Wedel und viele Menschen haben erkannt, wie wichtig und zeitgemäß dieses Mittel der direkten Demokratie ist. Bürgerinnen und Bürger werden nach Ihrer Meinung gefragt und erhalten somit eine neue Möglichkeit der Einflussnahme. Wir freuen uns über die hohe Anzahl der "Mitmachenden" und auch darüber, dass wir mehr mehr "Ja" als "Nein" Stimmen erhalten haben, obwohl wir aufgrund der Umstände keinen Wahlkampf betrieben haben.

Denn leider hat sich herausgestellt, dass das (in 2013 geänderte) Gesetz zur Bürgerbeteiligung in Schleswig-Holstein, das die Grundlage für den heutigen Bürgerentscheid bildet, noch so einige Schwächen aufweist.

1. Im Januar 2014 wurde in Hamburg im Rahmen der Umsetzung des Rückkaufs der Energienetze durch den Senat bekannt gegeben, dass über den Bau des in Wedel geplanten Großkraftwerks erst bis Ende 2015 entschieden wird. Daraufhin wollten wir die heutige Abstimmung ebenfalls auf das nächste Jahr verschieben. Dies und auch eine Absage des Bürgerentscheids war leider nicht möglich. Beide Möglichkeiten müssen vom Gesetzgeber künftig dringend geschaffen werden. Selbstverständlich macht ein Bebauungsplan zu einem geplanten Kraftwerk samt den entstehenden Kosten nur dann Sinn, wenn dieses Vorhaben tatsächlich realisiert werden soll. Viele Wählerinnen und Wähler haben uns persönlich mitgeteilt, dass Sie daher die heutige Abstimmung nicht nutzen. Zu einem vernünftigen Zeitpunkt hätten noch mehr Menschen für die Notwendigkeit eines Gesamt-Bebauungsplans samt Bürgerbeteiligung gestimmt.

2. Die Abstimmungsfrage ist höchst kompliziert. Bürgerinnen und Bürger, die mit dem Thema nicht vertraut sind, können mit der Frage an sich wenig anfangen. Die Stellungnahmen, die von uns und der Stadt Wedel verschickt wurden, konnten kaum zur Aufklärung beitragen. Unsere eigentliche und gut verständliche Stellungnahme wurde im Vorfeld nicht akzeptiert. Auch hier muss das Gesetz zur Bürgerbeteiligung dringend geändert oder konkretisiert werden. Texte von und für die Bürgerinnen und Bürger müssen klar verständlich und in einer "normalen" Sprache verfasst sein. Sehr viele Menschen haben die Wahlunterlagen gleich nach dem Öffnen "entsorgt". Dies kann und darf nicht der Sinn einer Wahlinformation sein. Zu wenig oder unverständliche Informationen führen eher dazu, dass die Wählerinnen und Wähler an der Abstimmung nicht teilnehmen oder im schlimmsten Falle sogar das Kreuz an eine nicht gewollte Stelle setzen.

Unser Fazit:

Es ist sehr gut, dass es das Mittel der direkten Demokratie gibt. Damit ein Bürgerentscheid tatsächlich eine faire Chance erhält, muss das Gesetz auf jeden Fall nachgebessert werden. Hätten wir die Abstimmung im nächsten Jahr, nach einer Entscheidung für oder gegen das geplante Vattenfall Kraftwerk durchführen können, wären die Chancen auf einen Wahlsieg deutlich höher gewesen. So kann man nur festhalten, dass heute auf Kosten des Steuerzahlers eine Abstimmung durchgeführt wurde, die zum jetzigen Zeitpunkt wenig Sinn ergibt. Wir hoffen, dass unser "Protest", der sich aus einer relativ hohen Zahl an ungültigen Stimmen ergibt, deutlich bei der Politik in Kiel "angekommen" ist.

Derzeit läuft das Verfahren über die Kraftwerksgenehmigung weiter. Rund 1600 Personen haben im Jahre 2012 die Möglichkeit der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Kraftwerksantrag genutzt und mit ihren Argumenten gegen den Antrag oder Teile davon eingewendet. Die Kraftwerksgenehmigung wurde im September 2013 durch die zuständige Behörde in Schleswig-Holstein erteilt. Diese ist allerdings nicht rechtskräftig. Im Moment läuft das sogenannte "Widerspruchsverfahren". Die von uns beauftragte Anwaltskanzlei hat bis Ende März Zeit, eine Widerspruchsbegründung zur Genehmigung zu erstellen. Selbstverständlich wird dabei auch das Thema "Kein Bebauungsplan für die eigentliche Kraftwerksfläche" eine wichtige Rolle einnehmen. Wir freuen uns daher weiter über jede Unterstützung!